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Wie kam es dazu?
Mit der Inklusionsstrategie und dem neuen Schulgesetz verfolgt das Land Mecklenburg-Vorpommern das Ziel, allen Kindern und Jugendlichen die beste individuelle Förderung zu ermöglichen. In den Blick genommen wird dafür die Qualität der Lernprozesse jedes Kindes, ganz gleich mit welchen individuellen Voraussetzungen und Lernbedürfnissen es in die Schule kommt.
Dieses neue Schulgesetz enthält unter anderem eine Weiterentwicklung der ersten 2 Schuljahre. Hier sprechen wir nun von einer flexiblen Schuleingangsphase, die vor allem darauf zielt, der ganz natürlichen Unterschiedlichkeit der Kinder gerecht zu werden.
Flexibel ist diese Phase deshalb, weil diese ersten zwei Schuljahre nun sowohl in einem Zeitraum von einem, zwei oder auch drei Schuljahren durchlaufen werden können. So haben wir als Grundschule die Möglichkeit, Kinder tatsächlich in ihrer Vielfalt und mit ihren ganz unterschiedlichen Lernbedürfnissen bestmöglich und in ihrem eigenen Tempo zu begleiten, zu fördern und zu fordern.
Um die flexible Schuleingangsphase umzusetzen, bietet das Kultusministerium allen Schulen des Landes zwei Modelle an. Wir hatten die Wahl zwischen dem sogenannten jahrgangsbezogenen und dem jahrgangsübergreifenden Lernen.
Im jahrgangsbezogenen Lernen durchlaufen die Kinder wie gehabt nacheinander und in gleichem Tempo die Jahrgangsstufe 1 und 2. Wer weniger oder mehr Zeit benötigt, überspringt oder wiederholt ein Schuljahr. Dabei wechseln jeweils sowohl die Lehrperson als auch die Lerngruppe.
Im JüL lernen Kinder des ersten und zweiten Jahrgangs gemeinsam. Sie bilden eine Gemeinschaft und lernen dabei in einem Raum miteinander, nebeneinander und voneinander.
Im Zentrum dieser Arbeit steht die Achtsamkeit gegenüber dem einzelnen Kind und seinen individuellen Lernbedürfnissen. Kinder sind verschieden und benötigen daher Unterschiedliches, um gut lernen zu können. Das ist normal. Kinder eines Alters weisen eine Entwicklungsspanne von bis zu drei Jahren auf. JüL zielt darauf,
· diese Unterschiede als Vorteil für das Lernen zu nutzen,
· jedes einzelne Kind bestmöglich zu fordern,
· die Kooperation der Kinder untereinander zu fördern und
· so eine für alle gewinnbringende Lerngemeinschaft zu bilden, um Lernprozesse zu optimieren.
Darüber hinaus ermöglicht JüL eine sogenannte flexible Verweildauer, d.h. Kinder verweilen in dieser gemischten Lerngruppe ein bis drei Jahre, je nachdem, nach welcher Zeit ein Kind all die Kompetenzen erworben hat, die es in Jahrgang 1 und 2 entwickeln soll. Über diese sogenannte Verweildauer entscheiden Kind, Eltern und das Lehrer*innenteam der Lerngruppe gemeinsam.
Wie arbeitet die Grundschule Bentwisch?
Das Team der Grundschule Bentwisch hat sich für das zweite Modell entschieden, das jahrgangsübergreifende Lernen. Gemeinsam haben wir es im Herbst 2019 der Schulkonferenz vorgestellt. Die Vertreter*innen der Elternschaft, der Gemeinde und des Lehrer*innenteams haben diesem Modell zugestimmt. Mit diesem Rückenwind konnten wir unsere Schulentwicklung weiter intensivieren. Dieses tun wir aber nicht allein, sondern in enger Begleitung durch das Kultusministerium, erfahrene Wissenschaftler*innen und im Austausch mit anderen Lehrer*innenkollegien, die bereits seit langem jahrgangsübergreifend arbeiten oder sich zeitgleich mit uns dafür entschieden haben.
Zahlreiche Weiterbildungen, Treffen mit und Besuche an anderen Schulen und zahlreiche Teamsitzungen später haben wir im Sommer 2020 die ersten Kinder in die (schüler*innenzahlenmäßig kleinen) JüL-Vorbereitungslerngruppen eingeschult.
Zum Schuljahr 21/22 kamen zu den dann schon Großen die neuen Kinder dazu. Die Jahrgangsmischung in den sogenannten Lerngruppen konnte starten.
Wie setzen sich die Lerngruppen zusammen?
Ein Kind, das die jahrgangsübergreifende Lerngruppe besucht, ist einmal das jüngere Kind innerhalb der Lerngruppe, dann das ältere Kind mit neuen jüngeren Kindern. Im Jahrgang drei/vier trifft es dann wieder auf die Kinder seines ersten Schuljahres und schließlich wieder auf die Lerngruppe seines zweiten Schuljahres. So findet ein jährlicher Wechsel innerhalb der Lerngruppe statt. Ein Teil der Kinder bleibt jedoch während der gesamten Schulzeit konstant und vertraut. Ganz gleich ob ein Kind ein oder drei Jahre in der Schuleingangsstufe verbringt.
Zwei Jahrgänge in einem Raum – wie geht das?
Im Jahrgangsübergreifenden Lernen erhält jedes Kind die Einführungen und Erklärungen, die es braucht, um auf Lernwegen – wir nennen sie Sternenwege – in seinem Tempo zu lernen und zu arbeiten. Dazu nimmt die Lehrperson die Kinder einzeln, in Kleingruppen oder der ganzen Gruppe zusammen. Manchmal gleichzeitig, manchmal zu verschiedenen Zeiten und unterschiedlich lange – während die Kinder, die keine Erklärungen mehr brauchen, bereits weiterarbeiten können.
Manchmal arbeiten die Großen und Kleinen aber auch gemeinsam am gleichen Thema. Dann erhalten die Kinder oft unterschiedliche Aufgaben – so dass jedes Kind nach seinen Möglichkeiten gefördert und gefordert wird.
Das gemeinsame Lernen in der Jahrgangsmischung hilft sowohl den jüngeren als auch den älteren Kindern. So treffen die Jüngeren auf Helfer*innen und Vorbilder. Die Größeren wachsen an ihrer Rolle und haben gleichzeitig Gelegenheit Inhalte bei Bedarf zu wiederholen oder manchmal auch durch Erklärungen für die Jüngeren zu vertiefen. Oft ergeben sich aber auch andere Möglichkeiten der Zusammenarbeit und gegenseitigen Unterstützung, so dass jedes Kind im Laufe der Zeit die stärkende Erfahrung macht, ein wichtiger Teil der Lerngemeinschaft zu sein.
Wo lernen die Kinder?
Die Kinder lernen in Ihrem Lerngruppenraum. Dieser besteht aus einem großen und einem kleinen Nebenraum. Manchmal nutzen die Kinder auch Arbeitsplätze auf unseren Fluren oder in der Aula. Diese Arbeitsplätze nennen wir Lerninseln. An all diesen Plätzen gelten die gleichen Regeln: Leise, langsam, friedlich, freundlich. Die Wahl des Arbeitsplatzes geschieht in Absprache mit der Lehrperson und hat immer im Blick, dass es darum geht, die Qualität der Lernprozesse zu erhöhen und die Lernzeit so möglichst gut zu nutzen.
Wer unterrichtet und begleitet die Kinder beim Lernen?
Unser Kollegium ist, ähnlich wie die Lerngruppen, vielfältig. Grundschul- und Sonderpädagog*innen bilden Teams und unterrichten teilweise alleine, teilweise zu zweit und oft unterstützt durch ergänzende pädagogische Fachkräfte. Jede Lerngruppe hat eine Lerngruppenleitung und feste Bezugspersonen. Von diesen Teams werden die Schüler*innen so lange begleitet, wie sie in dieser Schuleingangsphase verweilen. Außerdem pflegen wir einen gemeinschaftlichen Umgang im gesamten Kollegium, wodurch die Kinder einen Bezug zu vielen Lehrer*innen entwickeln können.
Die vielfältigen Arbeitsmaterialien, die wir nutzen – unsere Lehrwerke und auch die Freiarbeitsmaterialien, die den Kindern in den vorbereiteten Lernumgebungen unserer Schule zur Verfügung stehen - zielen darauf, das selbstständige Arbeiten der Kinder zu ermöglichen und zu unterstützen.
Wie findet Lernstandfeststellung und Leistungsrückmeldung statt?
Lernstände erheben wir kontinuierlich. Eltern erhalten die Informationen dazu in Form der „Das kann ich“-Lernstanderhebungen, individueller Rückmeldungen sowie den vom Land vorgegebenen Kompetenzzeugnissen zum Schulhalbjahr und Schuljahresende. Noten gibt es in der flexiblen Schuleingangsphase landesweit nicht mehr.
Wie sieht ein Schultag aus?
Begleiten wir ein Kind durch den Tag. Der Schultag beginnt abwechselnd mit den jüngeren oder älteren Kindern der Lerngruppe. Nur freitags starten alle gemeinsam.
Die Kleingruppenzeiten zu Tagesbeginn ermöglichen es, neue Lerninhalte einzuführen und all das zu besprechen, was genau für die jeweilige Gruppe besonders wichtig ist.
Dazu kommen zur zweiten Stunde die anderen Kinder der Lerngruppe. Nun ist die Lerngemeinschaft komplett. Die Kinder arbeiten dann entweder allein, mit einem anderen Kind oder in Kleingruppen an individuellen Lernplänen (unsere Sternewege) oder gemeinsam an einem Thema mit zum Teil unterschiedlichen Aufgabenstellungen.
Dieses geschieht sowohl in der Wegezeit, die die Fächer Deutsch und Mathematik beinhaltet, als auch in den anderen Fächern (wie Sachunterricht, Sport, Computer und Englisch) sowie der Atelierzeit, in welcher sich Musik, Kunst und Werken wiederfinden.
In Projektzeiten, dem Neigungsunterricht, in Schüler*innenkonferenzen und natürlich in den Pausen kommen alle Kinder der Schule zusammen. Auch dies stellt einen Raum voller Lernmöglichkeiten dar.
Darum geht's!
Lassen Sie uns abschließend an fünf Fingern abzählen, warum wir diesen Weg für die Kinder unsere Grundschule so richtig und wichtig finden:
1) JüL ermöglicht es, jedes Kind nach seinen Lernbedürfnissen zu fördern und zu fordern – das schafft Ruhe und Sicherheit.
2) JüL schafft auch Räume, in denen Kinder selbst entscheiden können, woran sie arbeiten möchten – das erhält Neugierde und Lernfreude.
3) In JüL sind Kinder mal Anfänger*in, mal Profi – das macht stolz und stärkt das Selbstbewusstsein.
4) JüL beinhaltet Phasen, in denen Kinder mithilfe verschiedener Materialien auch alleine arbeiten. Dies fordert und fördert die Selbständigkeit.
5) Im JüL erleben Kinder, dass Menschen unterschiedlich sind und auch, dass sie dadurch viel voneinander lernen können – dies fördert Verständnis und die Fähigkeit zur Kooperation.
So sind wir auf dem Weg. Gemeinsam mit den Kindern lernen wir täglich dazu. Immer mit dem Ziel, dass alle gerne in unsere schöne Bentwischer Grundschule kommen, weil hier das miteinander Leben und voneinander Lernen Freude macht.
Die Schulleitung